7

Ich habe mein Baby verloren

Ein Baby während der Schwangerschaft oder der Geburt zu verlieren, ist eine der schmerzhaftesten Erfahrung, die einer Frau passieren kann. Trotzdem ist das Thema immer noch ein Tabu. Eine Frau muss nicht nur mit dem Schmerz des Verlusts und den Gefühlen des Versagens zurecht kommen, sondern oft auch mit der unsensiblen Umgangsweise von Ärzten und der Umgebung.

Ein paar meiner Freundinnen und Klienten haben den Verlust eines Babys erleben müssen. Dies ist die Geschichte einer von ihnen …

Wenn das BabyGlück von einer Sekunde auf die andere wieder vorbei ist – “Das Ende vom Anfang”

genauso erlebe ich es!

Im Auto auf dem Weg zum Kontrolltermin bei der Frauenärztin sage ich noch zu meinem Freund: “Mein Herz rast und ich bin so sehr aufgeregt. Denn von einem auf den anderen Moment kann das ganze Leben wieder völlig anders ausschauen. ” 

Er sitzt in einem Cafe, während ich weinend aus der Praxis komme. “Das Baby ist doch schon ein Teil von mir, wieso wird es mir jetzt wieder genommen? Habe ich irgendetwas falsch gemacht? Warum?” Tausende Fragen auf einmal und irgendwie auch keine einzige. Ich habe eine unglaubliche Wut auf das Leben, das manchmal einfach so verdammt unfair ist. 

Schockstarre. “Das ist keine intakte Schwangerschaft”, so lauten die Worte der Ärztin – kühl und abgeklärt, als wäre es das normalste auf der Welt. Alles was sie mir dann sagt nehme ich nicht mehr so richtig wahr, weil ich wie starr auf diesem Stuhl liege und gegen meine Tränen ankämpfe. Keinerlei Empathie?! Ich bin entsetzt. Dann kriege ich noch einen Zettel in die Hand gedrückt für den Termin zur Ausschabung, netterweise wird sich bemüht so schnell wie möglich dran zu kommen. 

Herzlichen Dank!! “Schon alleine bei dem Wort Ausschabung könnte ich kotzen! Wer hat sich denn das bitte ausgedacht welcher gefühllose Trampel?”

Zeit?! Dafür ist in dieser Gesellschaft kein Platz. Es geht um Effizienz – wenig Aufwand und ein großes Resultat. Alles muss schnell über die Bühne gebracht werden. Hauptsache dem Ganzen schnell ein Ende setzen, damit ja alles wieder normal weitergehen kann. Die nächsten Termine warten schließlich und die Arbeit muss ganz dringend fortgesetzt werden.

NEIN! Auf diese Fremdbestimmung habe ich keinen Bock. Ich möchte meinem Körper wenigstens noch für eine Weile die Chance geben das Ganze ohne einen Eingriff (in meine Gebärmutter – einem so empfindlichen Körperteil) zu Ende zu bringen. Natürlich habe ich Angst davor und frage mich, wie schmerzhaft das wohl sein mag und ob ich es gut alleine zu Hause überstehen werde. Aber ich weiß, wie stark ich bin und dass mein Körper unglaubliches leisten kann. Ich möchte ihm die Chance geben, das tote Baby selbst auszutragen. 

Ich brauche diese Erfahrung – denn ich kämpfe die letzten Tage immer wieder gegen Gedanken an, dass mein Körper oder ein mögliches falsches Verhalten die Ursache für dieses Unglück ist, “Der Körper schafft es nicht schwanger zu sein” – Selbstzweifel kommen hoch. Ich suche nach einer Antwort, die mir niemand geben kann. Aus diesem Grund entscheide ich mich auf Empfehlung meiner Hebamme zunächst noch abzuwarten, ob mein Körper den kleinen Embryo von alleine ausstößt. Unterstützend hole ich mir einen Wehentee und Ut-Öl.  

Auch 3 Tage später, nachdem mich die Nachricht erreicht hat, dass das Herzlein nicht schlägt, bin ich immer noch fassungslos. Es ist ein Schmerz, den ich nur ganz schwer beschreiben kann. Es ist der Verlust von etwas, das man obwohl man es noch nicht persönlich kennengelernt hat bereits unglaublich liebt. Für das man schon jetzt bereits wäre ALLES zu tun. 

Die letzten Tage habe ich den ganzen Tag über immer wieder geweint. Fuck das tut echt weh. Am Abend bringen mich Tränen ins Bett und am Morgen erwache ich mit Tränen in meinem Gesicht, spüre eine unglaubliche Leere. Ich habe keinen Appetit mehr und starre Löcher in die Luft. 

Es ist einfach ein Schock. Man freut sich so sehr auf dieses kleine Wesen, auf ein Leben mit der eigenen Familie. Bereits mit der Nachricht “schwanger” entstehen die ersten Bilder dazu im Kopf… Ich sehe mich und meinen Freund, wie wir mit dem Kinderwagen durch die Stadt spazieren, herzlich mit dem Kind kuscheln und schmusen.

Und all die Vorfreude und schönen Gedanken haben ein so plötzliches Ende.

Das Problem ist, dass der Körper noch auf Modus “schwanger” läuft, während der Kopf bereits realisiert, dass all das jetzt VORBEI ist. So einen Verlust mit einem Hormoncocktail im Körper gut abzuschließen… “Ist das denn möglich?” 

Was mir in dieser Zeit wie so oft in meinem Leben hilft, ist die Meditation. Sie gibt mir Kraft und Halt. Schenkt mir Ruhe und hilft mir dabei zu vertrauen und zuversichtlich zu bleiben. Alles was in mir vorgeht lasse ich zu. Ich weine, weil ich traurig bin, ich schreie, weil ich wütend bin. Ich durchlebe all diese Gefühle sehr intensiv. Aber nur so kann ich verarbeiten, was gerade passiert.

Ich versuche den Rat einer guten Freundin zu befolgen und das Baby liebevoll loszulassen. Aber so richtig funktioniert das noch nicht, solange es noch in mir ist. 

Auf und ab läuft das Lied von Ziggy Alberts “STRONGER”. Während ich nichts anderes tun kann, als ABZUWARTEN. 

Die Tage kommen mir endlos lange vor und ich quäle mich Tag für Tag. Irgendwann entscheide ich mich doch dafür, wenigstens zum Vorsorgetermin für eine mögliche Kürettage ins Krankenhaus zu gehen. All die natürlichen Hilfsmittel waren leider nicht ausreichend und ich kann diese Geschichte nicht abschließen, solange WIR noch verbunden sind und das Baby quasi ja noch in mir ist. Nach dem Vorsorgetermin fällt die Wahl auf Cytotec – eine vaginale Tablette. 

Dankbar bin ich auch für all die lieben Menschen, die mir in dieser Zeit Kraft schenken. Ganz besonders mein Freund, der alles Erdenkliche tut, damit es mir besser geht. Diese Liebe hat eine extreme Kraft und ich weiß, dass wir das gemeinsam gut überstehen werden. 

Auch die liebevollen Worte meiner Hebamme machen mir Mut: “Dein Körper ist bereit, auch wenn es dieses Mal noch nicht so sein sollte.” 

“Ob gut, ob schlecht, wer weiß das schon?” Eine buddhistische Geschichte aus einem der Bücher von Ajahn Brahm. Die Moral der Geschichte ist, dass wir nie wissen können, wozu eine zunächst vielleicht unangenehme Erfahrung vielleicht gut war. So hart es auch ist, eine Sache, die mir mein Leben schon mehrmals gelehrt hat ist: zu Vertrauen. Womöglich wäre das Kind nicht gesund zur Welt gekommen oder wie auch immer. Die Natur hat an diesem Punkt entschieden, dass es nicht mehr weitergeht. 

Liebes Leben, meine Hoffnung bleibt, dass beim nächsten Mal alles gut wird. Hab DANK!

Jetzt, fast zwei Jahre später halte ich ein gesundes Kind in meinen Händen und bin von Herzen dankbar für dieses kleine Wunder. Im Nachhinein glaube ich, dass alles seinen Grund hatte und es vor zwei Jahren vielleicht einfach noch nicht sein sollte. 

Mittlerweile kann ich offen über meine Fehlgeburt sprechen, dennoch bleibt diese Erfahrung eine sehr schmerzhafte für mich. Nach diesem Erlebnis ging es mir längere Zeit wirklich schlecht. Es hat mir einfach den Boden unter den Füßen weggezogen, da ich mir schon solange gewünscht habe, eine kleine Familie zu haben…

Liebe Corinna

design ohne titel 18

Ich hoffe, diese Geschichte hat dir zumindest ein bisschen geholfen, wenn du selbst den Verlust eines Babys erlebt hast…Du bist nicht allein!


An alle anderen: Frag keine Frau!
“Bist du schwanger?”
“Versuchst du bereits schwanger zu werden?”
“Wann ist das zweite Baby dran?”

Denn du weißt nie, was eine Frau gerade durchlebt…

Hast du das Gefühl, dass du dich von deinem Baby verabschieden möchtest? Wünschst du dir, wieder schwanger zu werden? Schreib mir. Gemeinsam können wir ein Ritual entwickeln, das dir helfen könnte, den Verlust zu verarbeiten und vielleicht sogar selbst wieder schwanger zu werden.

Ähnliche Beiträge

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert